Bis zur Volljährigkeit ihres Kindes haben Eltern grundsätzlich einen Kindergeldanspruch. Doch unter bestimmten Voraussetzungen erhalten Eltern, auch nachdem ihr Kind 18 Jahre alt geworden ist, noch weiterhin Kindergeld von der Familienkasse für ihren volljährigen Nachwuchs. Der Kindergeldanspruch bei Volljährigkeit ist aber an bestimmte Bedingungen geknüpft. Nachfolgend erklären wir Ihnen, unter welchen Voraussetzungen, die Eltern eines volljährigen Kindes über 18 weiterhin einen Anspruch auf Kindergeld haben.
Kindergeldanspruch bei einem arbeitslosen Kind
Eltern erhalten für ein volljähriges Kind über 18 Jahren weiterhin Kindergeld von der Familienkasse, wenn das Kind arbeitslos. Weitere Voraussetzung für die Auszahlung des Kindergelds ist, dass das arbeitslose Kind bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet ist. Laut eines aktuellen Urteils des Finanzgerichts Köln (FG Köln, Urteil vom 10. März 2016, Az. 1 K 560/14) ist die Meldung als Arbeitssuchender bei der Bundesagentur für Arbeit auch bei Kindern, die aufgrund einer Erkrankung vorübergehend arbeitsunfähig sind, zwingende Voraussetzung für ein Fortbestehen des Anspruchs auf Kindergeld. Das Kindergeld für ein arbeitsloses Kind wird aber maximal bis zum 21. Geburtstag des Kindes weitergezahlt.
Kindergeld bei Studium und Ausbildung
Doch auch nach dem 21. Geburtstag des volljährigen Kindes kann noch ein Kindergeldanspruch bestehen. Denn Eltern können bis maximal zum 25. Geburtstag weiterhin Kindergeld erhalten, wenn ihr volljähriges Kind ein Studium oder eine Ausbildung absolviert. In dem Zeitraum, im dem das Kind ein Erststudium oder eine Erstausbildung macht, haben Eltern ohne zusätzliche Bedingungen Anspruch auf Kindergeld.
Nachdem das Kind seine Schulausbildung beendet hat, vergeht aber oftmals noch etwas Zeit, bis eine Ausbildung begonnen oder ein Studium aufgenommen wird. Auch in dieser Zeit müssen Eltern trotz Volljährigkeit des Kindes nicht auf die Kindergeldauszahlung verzichten. Denn das Kindergeld wird in der Wartezeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, also beispielsweise im Zeitraum zwischen Abitur und Studienbeginn, weitergezahlt. Es gilt aber zu beachten, dass die Übergangsphase zwischen zwei Ausbildungsabschnitten nicht länger als vier Monate dauern darf. Falls die Frist von vier Monaten überschritten wird, verlieren die Eltern rückwirkend den Kindergeldanspruch für den kompletten Zeitraum.
Einschränkungen bei Zweitausbildung oder Zweitstudium
Bei einem Erststudium oder einer Erstausbildung gilt der Kindergeldanspruch bis zum 25. Geburtstag des Kindes ohne Einschränkungen. Bei einem Zweitstudium oder einer Zweitausbildung nach abgeschlossener Erstausbildung sieht die Sache aber etwas anders aus. Ob die Eltern bei Volljährigkeit ihres Kindes weiterhin Kindergeld bekommen, während das Kind ein Zweitstudium oder eine Zweitausbildung macht, hängt davon ab, ob und wie viel das Kind zusätzlich noch arbeitet. Die Kindergeldauszahlung wird gestoppt, wenn das Kind neben Ausbildung oder Studium mehr als 20 Stunden pro Woche arbeitet. Die Höhe des Einkommens spielt nach neuer Rechtslage hingegen keine Rolle mehr für das Fortbestehen des Kindergeldanspruchs.
Auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz oder Studienplatz
Mitunter kann es aber auch vorkommen, dass das Kind nicht direkt nach dem Schulabschluss einen Ausbildungsplatz oder Studienplatz bekommt und es zu einer längeren Wartezeit kommt. Doch auch in der Wartezeit auf einen Ausbildungsplatz oder einen Studienplatz können Eltern eines volljährigen Kindes weiterhin Kindergeld beziehen. Denn Eltern haben nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG auch einen Kindergeldanspruch, wenn das volljährige Kind in Ermangelung eines Ausbildungsplatzes oder Studienplatzes keine Ausbildung oder Studium beginnen kann. Aber aufgepasst: Das Kind muss sich in dieser Zeit auch ernsthaft um einen Ausbildungsplatz oder Studienplatz bemühen. Dann ansonsten darf die Familienkasse gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Kindergeldauszahlung einstellen. So erging es einem Vater in einem kürzlich vor dem Bundesfinanzhof verhandelten Verfahren (BFH, Urteil vom 26. August 2014, XI R 14/12), bei dem das Gericht entschied, dass die Familienkasse die Kindergeldzahlung zurecht eingestellt hat, nachdem die Tochter einen Studienplatz abgelehnt hatte.
Kindergeldauszahlung bei Auslandsstudium oder Auslandssemester
In der heutigen Zeit gibt es viele Studenten, die während ihres Studiums entweder ein Auslandssemester einlegen wollen oder sogar ganz im Ausland studieren wollen. Kindergeld erhalten Eltern aber normalerweise nur für Kinder, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland haben. Doch was passiert dann mit dem Kindergeld, wenn das Kind ein Auslandssemester oder sogar ein ganzes Auslandsstudium machen will. Ein einzelnes Auslandssemester ist für den Kindergeldanspruch in der Regel unproblematisch. Da vorübergehende, weniger als einjährige Auslandsaufenthalte grundsätzlich nicht zum Wegfall des Wohnsitzes im Inland führen, wird das Kindergeld bei einem Auslandssemester weitergezahlt an die Eltern.
Etwas anders sieht die Sache bei einem Auslandsstudium aus. Für das Fortbestehen des Kindergeldanspruchs bei einem Auslandsstudium kommt es vor allem darauf an, ob das volljährige Kind während des Auslandsstudiums seinen Wohnsitz in Deutschland beibehält. In einem kürzlich vor dem Bundesfinanzhof verhandelten Verfahren (BFH, Urteil vom 23. Juni 2015, Az. III R 38/14, veröffentlicht am 28. Oktober 2015), entschied das Gericht, dass die Kläger, deren Sohn ein vierjähriges Bachelorstudium in China absolvierte, in dieser Zeit weiterhin Anspruch auf Kindergeld haben. Dabei reichte es dem Gericht aus, dass der Sohn der Kläger zumindest die Hälfte seiner ausbildungsfreien Zeit in Deutschland verbracht hatte, um seinen Wohnsitz in Deutschland beizubehalten.
Kindergeldanspruch bei einem freiwilligen sozialen Jahr
Heutzutage kommt es immer häufiger vor, dass junge Menschen nach dem Erreichen der Volljährigkeit nicht direkt eine Ausbildung oder ein Studium beginnen möchten, sondern erst einmal ein freiwilliges soziales Jahr einlegen. Dann müssen Eltern trotzdem nicht auf eine Kindergeldauszahlung verzichten. Denn das Gesetz sieht vor, dass Eltern eines volljährigen Kindes über 18 Jahren auch weiterhin einen Kindergeldanspruch haben, wenn ihr Kind ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr macht. Auch in diesem Fall gilt wie bei Ausbildung und Studium allerdings eine Obergrenze von 25. Jahren. Wenn also Ihr Kind beispielsweise im Alter von 28 Jahren noch ein freiwilliges soziales Jahr machen sollte, besteht kein Kindergeldanspruch mehr.
Kindergeld für Kinder mit Behinderung
Im Normalfall endet der Kindergeldanspruch spätestens, wenn das Kind 25 Jahre alt geworden ist. Das es gibt eine Ausnahmeregelung, die es Eltern ermöglicht auch dann noch Kindergeld weiter zu beziehen, wenn ihr Kind das 25. Lebensjahr bereits vollendet. Bei Kindern mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung, die dazu führt, dass das Kind nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten, haben die Eltern auch über das 25. Lebensjahr hinaus ohne weitere zeitliche Einschränkung dauerhaft Anspruch auf Kindergeld. Voraussetzung für den Kindergeldanspruch bei behinderten Kindern ist allerdings, dass die Behinderung bereits vor dem 25. Lebensjahr des Kindes festgestellt wurde.